Als ich angefangen habe, mich zuckerfrei zu ernähren, da kannte ich niemanden persönlich, die oder der so lebt. In meinem Freundeskreis und meiner Familie war niemand zuckerfrei.
Inzwischen gibt es viele zuckerfreie Menschen, darüber freue ich mich sehr. Und einige stelle ich in meiner Interviewreihe #zuckerfreieGesichter vor. Damit wir die Erfahrungen aus unserem zuckerfreien Leben austauschen. Damit wir wissen, dass wir nicht alleine sind.
Diesmal spreche ich mit Bettina. Sie hat mir geschrieben, weil sie eine besondere Erfahrung mit zuckerfreier Ernährung und Rosacea gemacht hat. Ich freue mich sehr, dass Sie mit mir darüber gesprochen hat:
Lass uns mal ganz vorne anfangen: was war der Auslöser dafür, dass Du Dich in das Abenteuer “zuckerfrei essen” gestürzt hast?
Irgendwann ist mir bewusst geworden, wieviel Schokolade ich eigentlich jeden Tag so esse. Schon nach dem Mittagessen fing ich damit an, drei bis vier kleine eingepackte Sachen zu naschen. Zum Kaffeetrinken am Nachmittag ging es dann weiter mit ein bis zwei Riegeln.
Und abends passend zur Tagesschau, also zu Beginn unseres Feierabends, ging es dann routinemäßig weiter. Dann sicherlich nochmal jeden Abend eine dreiviertel bis eine ganze Tafel. Ich konnte es schon morgens kaum erwarten, bis ich mittags das erste Stückchen essen konnte. Das war vor sieben Monaten. Übrigens sah man mir den hohen Konsum körperlich überhaupt nicht an, ich war schon immer ein eher schlanker Mensch. Das Thema Abnehmen war zu keiner Zeit ein Grund für meinen Entschluss.
An dem Tag als mir bewusst wurde, dass ich quasi „schokoladensüchtig“ bin, entschloss ich mich dazu, ab sofort keine Schokolade mehr zu essen. Das war eher eine Kurzschlussreaktion als von langer Hand geplant. Und ich wollte nicht nur auf Schokolade verzichten, sondern ich habe mir überlegt, gleich sämtliche Arten von Zucker, eben nicht nur den raffinierten Haushaltszucker, und zu dem auch noch Weizenmehl aus meinem Speiseplan zu streichen.
Wie bist Du dann vorgegangen, beim Zuckerentzug. Hattest Du ein Buch, das Dir geholfen hat? Ein Programm? Eine Ernährungsberaterin?
Wie gerade schon erwähnt war es keine geplante Aktion bzw. kein geplanter „Entzug“, sondern wirklich absolut spontan. Mein beruflicher Backround hat mir dabei allerdings sehr geholfen. Ich bin Pharmazieökonomin und Fach PTA für Ernährung. Ich war einige Jahre lang in ganz verschiedenen Bereichen der Ernährungsberatung im Kinder- und Erwachsenenbereich tätig.
Mein Wissen hat mir eindeutig dabei geholfen. Insbesondere auch was die Themen „versteckte Zucker“ oder „Zucker hat viele Namen“ anbelangt.
Wie war es denn, als Du spontan den Zucker weggelassen hast?
Die ersten Tage waren sehr anstrengend, ich hatte Kopfweh, fühlte mich schlapp, müde und habe an nichts anderes als an Schokolade gedacht. Erste Zweifel kamen natürlich auch auf. Nach ca. einer Woche waren diese Symptome aber verschwunden.
Zuckerfrei bedeutet ja für jede etwas anderes. Manche verzichten komplett auf zugesetzten Zucker, andere essen auch mal Datteln, Süßstoffe etc. Wie machst Du das?
In den ersten fünf Monaten war ich sehr streng. Ich habe auf alles verzichtet, keinerlei Art von jeglichen Zuckern, keinen Honig, keinen Ahornsirup, keine Zuckeraustauschstoffe, und erst Recht keine Süßstoffe. Nichts. Zum Süßen habe ich sowohl damals als auch heute nur Früchte, wie z.B. Datteln und Bananen verwendet. Die sind an sich ja schon sehr zuckerreich (Fructose) und eignen sich besonders gut.
Mittlerweile gönne ich mir, aber auch nur selten, mal etwas Ahornsirup oder etwas Honig. Allgemein hat sich mein Geschmack aber sehr verändert, ich brauche nicht mehr so stark gesüßte Lebensmittel. Und das war auch mein Ziel, den Geschmack auf weniger süß zu trimmen und nicht nur den raffinierten Zucker wegzulassen und durch Erythrit, Xylit oder sonstige Stoffe zu ersetzen. Das muss aber natürlich jeder für sich selbst entscheiden.
Ich gebe allerdings zu, in der Weihnachtszeit habe ich eine Sorte Plätzchen gebacken mit einem geringen Anteil an Erythrit. Diese habe ich im äußersten Notfall gegessen, wenn meine Familie sich über meine Lieblingskekse, Spekulatius, hergemacht haben. Um hier nicht schwach zu werden und weil die Weihnachtszeit ja auch eine besondere Zeit ist, habe ich mir die einfach gegönnt. Dann aber auch immer nur ein Plätzchen am Tag und dann war ich schon sehr glücklich. Mir persönlich schmeckt dieser kühle Erythrit Geschmack aber eh nicht besonders gut. In meinem Rezept schmeckte man ihn aber nicht raus.
Ja, Weihnachten ist am Anfang echt schwer. Da fand ich es auch immer besonders wichtig, dass ich für mich jederzeit eine Alternative zur Hand hatte.
Was hast sich für Dich verändert, seit Du zuckerfrei isst?
Ich fühle mich fitter, leistungsfähiger, ausgeschlafener, habe keinen Heißhunger, keine Gelenkschmerzen, keinen aufgeblähten Bauch und keine Bauchschmerzen mehr. Die Haut ist straffer und hat eine gesündere Farbe.
Die größte Veränderung aber ist die, dass durch die zuckerfreie Ernährung meine Rosacea, eine sehr schmerzhafte und unschön aussehende Hauterkrankung, komplett verschwunden ist. Sie ist wirklich nicht nur weniger stark, sondern die Beschwerden sind weg! Keine unschönen Pusteln, keine brennende feuerrote Gesichtshaut und keine Schmerzen mehr. Mein Leben lang hatte ich mit unreiner Haut zu tun. Nun ist sie so gesund wie nie zuvor.
Jahrelang musste ich sehr starke Tabletten mit sehr vielen starken Nebenwirkungen einnehmen, Cremes und Salben halfen am Schluss nicht mehr. Nun komme ich gänzlich ohne alles aus.
Wow, das finde ich so wunderbar, dass es Dir nun besser geht. Und vor allem auch, dass Du nun keine Rosacea-Tabletten mehr nehmen musst.
Und genau das ist der Ansporn für mich, auch zukünftig zuckerfrei zu leben. Diese starke Veränderung hat mir gezeigt, wieviel Einfluss der Zucker auf den Darm und jede einzelne Körperzelle hat und was er anrichten kann.
Mein Freundeskreis hat sich für mich mitgefreut, da die Veränderung in meinem Fall für alle sichtbar war und ist und sie meinen „Leidensweg“ mit der Rosacea ja quasi mitbegleitet haben. Aus diesem Grund respektieren sie es zu 100% und versuchen auch gar nicht, mich auf Abwege zu bringen. Ich glaube, sie sind manchmal erstaunt über meine Standhaftigkeit und meine Konsequenz.
Das finde ich total spannend, dass es bei Dir so sichtbar war. Und dass es so auch für andere leichter war, Dich zu unterstützen.
Was machst Du in den Momenten, wenn der große Heißhunger auf Süßes kommt? Hast Du irgendwelche Tricks, Tipps oder Geheimrezepte?
Dann esse ich tatsächlich eine leckeren Apfel, ein Stück Banane oder gerade jetzt zur Winterzeit eine Mandarine oder einige Nüsse. Koche mir eine Tasse Tee dazu und freue mich danach jedes Mal, es wieder durchgehalten zu haben und ich fühle mich gut dabei. Geheimrezepte sind das wohl leider nicht, wenn jemand welche hat, gerne her damit.
Ich glaub das ist gerade der Trick: man braucht keine Geheimrezepte, sondern einfach richtig leckere Lebensmittel! Ich habe für mich gemerkt, dass es mir hilft, wenn ich möglichst viel Gemüse esse. Verrätst du uns Dein liebstes Gemüsegericht?
Das ist ein Rotes-Linsen-Curry mit Süßkartoffeln und Kokosmilch. Gilt das ? O ja, das klingt sehr lecker!
Oder ganz einfach verschiedenste Sorten Gemüse mit Pilzen, Schafskäse und Chiliflocken im Ofen garen, ein paar Kürbiskerne dazu, Erdnusssauce drüber, lecker.
Und meine letzte Frage: was rätst Du denen, die gerade am Anfang stehen? Was ist Dein Ratschlag für all diejenigen, die zuckerfrei werden möchten:
Augen zu und durch. Gerade die ersten Tage, wenn man denkt, „warum tust Du dir das eigentlich an. So schlimm ist es ja auch nicht Zucker zu essen, macht der Großteil der Bevölkerung ja schließlich auch.“
Wenn sich der Stoffwechsel aber erstmal daran gewöhnt hat, sind schon mal die körperlichen Nebenwirkungen der Umstellung geschafft. Und kurz danach stellt sich auch schon sehr bald das neue Körpergefühl ein. Vielleicht merkst Du dann auch, dass das ein oder andere Wehwehchen verschwindet, Du nicht mehr ständig zum Süßigkeitenschrank musst, Du keinen Heißhunger mehr hast und Du Dich leistungsstärker fühlst. Und wenn Du an diesem Punkt angelangt bist, dann hast Du es geschafft. Dann wird es ohne Zucker immer nur noch noch besser.
Liebe Bettina , vielen Dank für Deine Tipps und das schöne Interview! Ich hoffe, dass so noch mehr motiviert werden, das zuckerfreie Leben auszuprobieren.
Und wenn Du, liebe Leserin, mehr von Bettina erfahren möchtest, dann schau mal hier auf Bettinas Instagram-Profil.