Was bedeutet “zuckerfrei” eigentlich?

Wenn man anfängt sich mit zuckerfreier Ernährung zu beschäftigen, dann steht man direkt vor der Frage: was heißt eigentlich zuckerfrei? Ich selber lebe seit Ostern 2017 zuckerfrei. Und hier versuche ich mal zu erklären, was zuckerfrei bedeutet.

Anfangen möchte ich mit der “offiziellen” zuckerfrei Definition gemäß der sogenannten “Health Claims Verordnung”: die Verordnung (EU) Nr. 1924/2006 „über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel“. Im Anhang stehen sowohl die Definitionen für “fettarm”, “energiearm” etc. als auch die Definitionen zum Thema Zucker:

  • “zuckerarm: Die Angabe, ein Lebensmittel sei zuckerarm, sowie jegliche Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, ist nur zulässig, wenn das Produkt im Fall von festen Lebensmitteln nicht mehr als 5 g Zucker pro 100 g oder im Fall von flüssigen Lebensmitteln 2,5 g Zucker pro 100 ml enthält.”
  • “zuckerfrei: Die Angabe, ein Lebensmittel sei zuckerfrei, sowie jegliche Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, ist nur zulässig, wenn das Produkt nicht mehr als 0,5 g Zucker pro 100 g bzw. 100 ml enthält.”
  • “ohne Zuckerzusatz: Die Angabe, einem Lebensmittel sei kein Zucker zugesetzt worden, sowie jegliche Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, ist nur zulässig, wenn das Produkt keine zugesetzten Mono- oder Disaccharide oder irgendein anderes wegen seiner süßenden Wirkung verwendetes Lebensmittel enthält. Wenn das Lebensmittel von Natur aus Zucker enthält, sollte das Etikett auch den folgenden Hinweis enthalten: „ENTHÄLT VON NATUR AUS ZUCKER“.”

Hier habe ich das mal übersichtlicher dargestellt:

Aber was heißt das jetzt? Lass uns das mal an einem konkreten Beispiel besprechen:

Eine Schale Blaubeeren (Zutaten: Blaubeeren; Zuckergehalt: 7%) darf nicht als zuckerfrei deklariert werden, aber sie ist “ohne Zuckerzusatz” und dann sollte noch draufstehen “enthält von Natur aus Zucker”.

Eine Flasche Cola Zero (Zutaten: Wasser, Kohlensäure, Farbstoff Zuckerkulör, Süßungsmittel (Cyclamat, Acesulfam K, Aspartam), Säuerungsmittel (E 338, Natriumcitrat), Aroma, Koffein; Zuckergehalt: 0%) darf als “zuckerfrei” deklariert werden.

Das ist also die offizielle zuckerfrei Definition. Ich will hier gar nicht weiter darüber sprechen, wie ich diese Definition finde. Sie ist nicht perfekt, aber immerhin gibt es überhaupt eine Verordnung, die sich mit dem Thema Zucker auseinander setzt!

Jetzt lass uns mal darüber sprechen, was bei uns im Alltag passiert. Such mal mit Google oder Pinterest nach “Kuchen zuckerfrei”. Was wirst Du da finden? Sehr viele Rezepte mit Datteln, Kokosblütenzucker, Ahornsirup etc. In so manchem zuckerfreien Kuchen stecken locker 10-12 Datteln. Aber getrocknete Datteln bestehen zu ca. 65% aus Zucker. Der Gesamtzuckergehalt bei so einem Kuchen liegt sicher weit über 0,5%. Wenn man im Supermarkt so einen Kuchen kaufen würde dürfte da also nicht “zuckerfrei” draufstehen.

Die “offizielle” zuckerfrei Definition und meine persönliche Internet-Realität klaffen da weit auseinander. Und das macht es sehr verwirrend.

Zumal ja jeder sich seine eigene persönliche zuckerfrei Definition zurechtlegt. Die einen meinen damit “industriezuckerfrei”, die anderen lassen alle Süße weg außer einem auserwählten Stoff wie z.B. Stevia. Oder man lässt wie ich komplett jeden Zucker, Zuckeralternativen und Süßstoffe weg. Und es ist ja auch gut, dass man sich sehr genau überlegt, was man isst und was nicht.

Ich hab da ehrlich gesagt auch keine Lösung für. Selbst meine eigenen Rezepte, in denen ich nur mit frischem Obst süße (z.B. mein Bananenbrot oder die Süßkartoffel-Kokos-Pralinen) dürfte ich im Laden nicht “zuckerfrei” nennen! Sie sind “ohne Zuckerzusatz” und “enthalten von Natur aus Zucker”. Aber sie sind gemäß der Health Claims Verordnung nicht zuckerfrei.

Verrückt, oder?

Letztendlich bleibt nix anderes als ganz genau hinzuschauen. Und sehr bewusst zu entscheiden, was ich zu mir nehme und was nicht. Ich habe das große Glück in einem Land zu leben, wo die Supermärkte voll sind mit frischem Obst und Gemüse. Wo es sauberes Leitungswasser gibt. Wo es sogar Fertigprodukte ohne Zucker gibt!

Wenn Du auch selber entscheiden möchtest was Du isst und trinkst, dann lerne, Lebensmitteletiketten zu lesen! Hier findest Du einen ausführlichen Blogpost mit 3 konkreten Beispielen, wie man Lebensmitteletiketteln liest.

Schau Dir genau an, was du isst und trinkst. Denn DU entscheidest, was Du Dir in den Mund steckst! DU entscheidest wieviel Zucker, Süßstoffe, Nährstoffe und Chemikalien Du zu Dir nimmst.

Informiere Dich und entscheide selber, was Du essen und trinken möchtest!

Angelika

 

zuckerfrei Definition: Health Claims Verordnung und meine persönliche zuckerfrei Definition

4 thoughts

  1. Hallo Angelika,
    ein sehr guter Beitrag! Schön, dass du darüber schreibst. Mir geht es genauso: Wenn man im Internet nach zuckerfreien Rezepten sucht, so findet man alle möglichen Auslegungen. Wichtig finde ich (wie du ja auch schreibst), dass man sich damit auseinander setzt und einen eigenen Weg findet.
    Liebe Grüße
    Lisa

    1. Liebe Lisa,
      ja, die Definition von zuckerfrei ist sehr unterschiedlich, weil sie eben sehr persönlich ist und das ist ja auch gut so. Dass jede für sich selber merkt, was einem gut tut und was nicht!
      Angelika

  2. Sehr gute Infos.
    Ich bin mit dieser Verordnung irgendwie auch nicht recht glücklich. Sie reduziert einen komplexen Zusammenhang auf Prozentwerte. Datteln enthalten z.B. sehr viele Ballaststoffe. Genau diese sind so wichtig im Hinblick auf die unmittelbare Wirkung von Zucker. Dann ist die Zubereitung wieder sehr wichtig (Ballaststoffe intakt oder nicht).

    Kurzum: Die Health Claims Verordnung ist ein Schritt. Tatsächlich wünsche ich mir aber eine breit aufgestellte Information in Schule, durch Ärzte uvam. (gerade von den Ärzten habe ich hier _nichts_ gehört & das, obwohl ich meine Rosazea damit erledigen konnte).

    Basisarbeit ist gefragt. So wie Du es machst. Große Klasse & weiter so 😀

    1. ja, ich denke auch, es ist viel Basisarbeit notwendig. Letztendlich ist es doch notwendig, dass es möglichst gut informierte KonsumentInnen gibt. Und das ist ja auch das Gute: wir können uns alle informieren und selber entscheiden!
      Angelika

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